Mittwoch, 4. April 2012

Rasante Leichensammlung

Neulich habe ich auf Vorablesen.de mal einen Krimi ergattert. Es ist zwar nicht so, dass ich Krimi’s zu meiner Lieblingslektüre zähle, aber hin und wieder können sie ganz amüsant sein. Es soll ja Leute geben, die lesen solche Romane der Spannung wegen. Das ist nicht so ganz mein Metier. Für mich sind die kriminellen Machenschaften eher Randthema. Aber die ermittelnden Figuren, ihr Umfeld – und manchmal sogar die Sonderbarkeiten der Täter, solange sie noch menschlich sind – die sind oft genug recht interessant. Nicht wahr?
Nun gut, mein erster gewonnener Krimi stammt von Harry Kämmerer. Es ist sein zweites Werk und heißt Die schöne Münchnerin. Selbige ist dabei  weder die erste noch nicht die einzige Leiche in diesem turbulenten Reigen um Schönheitswahn, Organhandel und Geldgier.
Von Anfang an wuseln viele Menschen und diverse Leichen über die Seiten. Allein der Einstieg reißt den Leser sofort mit – „Wwwrrroooaaaarrrrrrrrrr…“ – und die wiederholt enorm unprätentiöse Darstellung im Angesicht des Todes ist beeindruckend: „Wenn er wenigstens an die Anlage käme, um sie abzustellen. Keine Chance. Orchester und Chor schwollen noch einmal machtvoll an, als er das schwarze Wasser schluckte. So schmeckte also der Tod.
Dann verstummte auch Verdi.“
Durch schnelle Sprünge zwischen den Personen und Situationen kam es jedoch, dass ich eine Weile brauchte, bis die einzelnen Charaktere genug Eindruck hinterlassen hatten, um als Figuren jeweils ihren Platz in der Geschichte einzunehmen. Dosi und Gesine, Hummel, Zankl, Mader, Dr. Schwarz, Dr. No, Dr. Hanke, Dr. Weiß... Erst bei Seite 180 fiel mir auf, dass ich sie nun endlich alle zusammensortiert hatte.

Aber diese Geschichte lebt auch von sehr hohem Tempo. Dabei schafft Kämmerer es, dem lesenden Geist mit eher knappen Beschreibungen viel Raum für Phantasie zu geben, aber auch nicht zu viel. Pointiert erfasst er das Wesentliche: „Punkt Viertel vor acht entstieg sie einem Taxi – ihr beim Aussteigen freigelegtes Strumpfbein wirkte irritierend attraktiv auf ihn. Öha.“ Gerade durch den kompakten und schnellen Erzählstil mündet seine Erzählung immer mal wieder in einem gelungenen Witz.

Die für meinen Geschmack interessanteste Frage wird leider nicht befriedigend beantwortet: Warum lässt sich eine schöne Frau mit einer schönen Nase eine andere anoperieren?
Davon abgesehen haben Mader & Co. nach dem Lesen nun aber ihren Platz im Regal gefunden und können dort auch erst einmal bleiben. Da noch mehrere Fälle für das Team zu erwarten stehen, kann die geleistete Kennenlernarbeit beim nächsten Werk ja vielleicht in einem vertrauten Wiedererkennen münden. Und falls irgendwann mal Unterhaltung von Nöten ist, aber kein neuer Roman zur Hand – kann ich mir vorstellen, Die schöne Münchnerin eventuell erneut zu bemühen. Und das ist ja immerhin gar nicht mal so oft der Fall…

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